MOTOPOLIS-Motorrad-Tour Teil II

MOTOPOLIS-Motorrad-Tour Teil II

Von Johannesburg nach Kapstadt

4000 Kilometer in zwei Wochen mit zwei Personen auf einem Motorrad

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`Oom Samie se Winkel´

„Wer in Stellenbosch ist, darf auf keinen Fall auf einen Besuch bei `Oom Samie se Winkel´ verzichten. Der Trödelladen wurde Anfang des 20. Jahrhunderts eröffnet und hat sich seitdem scheinbar nicht verändert.“

Bei Nkwalini erreichen wir unsere Unterkunft. Wir haben am Abend einen Ausflug nach Shaka´s Land, einer ehemaligen Filmkulisse vor. Im Moment interessiert uns allerdings mehr, wie wir die Lederhosen bis zum nächsten Tag trocken kriegen sollen. Die Show, die im Film-Dorf geboten wird, ist beeindruckend. Viel schöner ist es allerdings, am nächsten Morgen den Bewohnern zuzusehen, wie Zulus traditionell leben. Wir beobachten wie Speere gemacht, Heilmittel hergestellt und Pfeile geworfen werden. Auch dürfen wir uns selbst im Speerwurf versuchen. Dafür fahren anschließend zwei Zulus auf unseren Motorrädern die Zufahrt rauf und runter und haben offensichtlich viel Spaß dabei.

Der Tag zeigt eindrucksvoll, wie viele Gesichter Südafrika hat. Während wir morgens noch Zulus barfuß und in farbenfroher Bekleidung erlebt haben, landen wir nach einer Fahrt auf der N2 an der Küste entlang zum Mittagessen in Wartburg. Die Stadt liegt im „Valley of 1000 Hills“ und ist deutscher als deutsch. Im „Wartburger Hof“, der aussieht, als wäre er von Oberbayern hierher gebracht worden, gibt´s Kaffee im Kännchen und Bauernfrühstück.

Am Sonntag reisen wir über die R617 nach Kokstadt und von dort durch die Transkei. Es ist Waschtag. Afrikanerinnen tragen Plastikwannen auf dem Kopf und gehen hinunter zu den zerklüfteten Flüssen mit den leuchtend roten Ufern. Eine Mutter und ihre Tochter bewegen sich geschmeidig trotz der schweren Last. Als die Kleine uns sieht, bleibt sie fasziniert stehen und dreht sich langsam einmal um sich selbst, nur um die Kolonne von elf Motorrädern möglichst lange anschauen zu können. Bei einem Zwischenstopp kaufen wir Biltong. Das getrocknete und gut gewürzte Fleisch ist genau richtig für uns. Es ist lange haltbar, schmackhaft und läßt sich wunderbar als Proviant in unseren kleinen Taschen verstauen.

Auf der N2 führt uns unser Weg parallel zur Küste gen Süden. Das Land ist zerklüftet, teilweise gibt es weder Strauch noch Baum. Dann riechen wir die salzige Luft des Indischen Ozeans. Welch einen krassen Gegensatz bietet die noble Hafenstadt East London doch zum spröden Hinterland. Bevor wir uns in einem Strandhotel am Great Fish River einmieten, dürfen Fotos von den Hinweisschildern nach Hamburg und Potsdam natürlich nicht fehlen.

Die Etappe nach Port Elizabeth, der „windigen Stadt“, die ihrem Namen alle Ehre macht – wir haben Mühe, die Maschinen auf der Straße zu halten – ist fahrerisch uninteressant. Dafür bietet sie viel fürs Auge. In glühender Hitze besichtigen wir eine Ananasfarm, genießen den frischen Saft. Kurz darauf beobachten wir im berühmten „Addo Elephant Park“, wie eine Elefantenherde ein Junges rettet, das in ein Wasserloch gerutscht war. Auch die ersten Straußenfarmen liegen auf dem Weg. Neugierig recken die großen Vögel die langen Hälse, als wir mit den BMWs vorbei donnern.

Von Port Elizabeth aus verzichten wir darauf, die neue Schnellstraße zu nehmen. Sicher ist sie bequemer, aber das Fahrgefühl auf der alten R102 ist unvergleichlich. Die Straße frißt sich in herrlichen Kurven durch dichten Wald. Teilweise bilden die Baumkronen ein so perfektes Dach, dass kein Sonnenlicht auf den Weg fällt. Wir haben einen atemberaubenden Blick auf die neue Brücke, auf der die Autos über uns hinweg rauschen. Der Bloukrans-Paß ist ein echter Höhepunkt. Die Motorräder neigen sich von einer Seite zur anderen. Aber Vorsicht. Man muss immer auf Paviane gefaßt sein, die plötzlich kreischend aus dem dichten Grün auftauchen können. Am „Dolphins Point“ genießen wir das Schauspiel, wie die gute alte Dampflok stinkend und mit viel Qualm eine Brücke überquert und dann in einem Tunnel verschwindet. Auch die Besichtigung des Sklavenbaums in George ist ein Muss.

Während wir in George noch kräftig geschwitzt haben, erwartet uns in Oudtshoorn wieder kühle Luft. Vor einigen Tagen, erklärt der Besitzer der Straußenfarm, auf der wir übernachten, habe es auf den Hügeln noch Schnee gegeben. Unfaßbar. Den nächsten Tag beginnen wir mit einem Abstecher der besonderen Art. Wir fahren den 24 Kilometer langen Swartberg-Paß hinauf. Seine Kurven und Kehren sind nur etwas für geübte Fahrer. Teilweise sind die flachen Mauern, die die Straße von eindrucksvollen Schluchten trennen, durchbrochen. Unter unseren Rädern springen Steine weg, die überall auf dem sandigen Boden herumliegen. So manches Mal atme ich tief durch, wenn die Reifen gefährlich nah an die Kante zum Abgrund rollen. Dafür belohnt der Ausblick auf schroffe Felsformationen in allen erdenklichen Rot-Tönen und ein ganzes Feld voller blühender Proteas. Anschließend fahren wir durch die Kleine Karo o über Barrydale nach Montagu. Es gibt nur rote trockene Erde, flaches Strauchwerk und Felsen, die die Hitze abstrahlen. Der Asphalt scheint zu glühen. Ich habe das Gefühl, mir versengen die Härchen im Gesicht. Es ist die Hölle. Selbst das berüchtigte „Death Valley“ in Amerika ist noch harmlos gegen das hier. In Montagu erwarten uns Obstplantagen und die ersten Weinberge. Die Rast mit einer gemütlichen Weinprobe haben wir bitter nötig. Hier übernachten wir auch zum letzten Mal, bevor wir Kapstadt erreichen.

Die letzte Etappe liegt vor uns. Über Swellendam fahren wir auf der R319 nach Süden. Es kommt Sturm auf. Die Augen füllen sich selbst hinter schützenden Sonnenbrillen mit Tränen, die Haut schlabbert im Gesicht. Es strengt ungeheuer an, dem Wind, der von vorn kommt, standzuhalten. Mit verspanntem Nacken klettern wir in Cape L´Agulhas von den Maschinen. Auch wenn wir völlig am Ende sind, hier muss man gewesen sein. Schließlich ist hier und nicht am Kap der Guten Hoffnung der südlichste Punkt des Kontinents. Erst danach geht´s zum Kap, wo ein Gruppenbild mit Motorrädern obligatorisch ist.

Vor der Heimreise bleiben uns einige Tage in der Metropole. Wir nutzen sie für einen Ausflug nach Stellenbosch. Im dortigen „Village Museum“ spricht uns eine Mitarbeiterin an. Reiter und Motorradfahrer würde man an ihrer Bekleidung erkennen, sagt sie. Und: „Ich liebe Eure Klamotten.“ Sie ist nicht die erste, die so begeistert ist. Kurz darauf bei „Oom Samie“, einem wunderbaren alten Krämerladen, erleben wir es wieder. „Hey, klasse seht Ihr aus. Wenn Ihr wieder nach Stellenbosch kommt, werde ich hier sein. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.“ Das macht den Abschied nicht leichter. Aber wir werden gern daran zurückdenken. Und an die 4000 abwechslungsreichsten Kilometer unseres Lebens.

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„Geschafft! Nach rund 4.000 Kilometern haben wir das Kap der guten Hoffnung erreicht.“

Tipps für Ihre Reise

ANREISE
Die beschriebene Tour hat in Johannesburg begonnen und ging nach Kapstadt. Selbstverständlich ist auch die entgegengesetzte Richtung möglich. Beide Städte werden regelmäßig von allen deutschen Flughäfen angeflogen. Hin- und Rückflug etwa ab 1.300 Mark. Wem 4.000 Kilometer zu viel sind, der sollte nach Durban fliegen und von dort nach Kapstadt fahren.

KLIMA / REISEZEIT
Wer die gesamte Tour macht, sollte immer auf jede Wettervariation eingestellt sein. Lediglich im September ist sowohl in Johannesburg als auch in Kapstadt Trockenzeit. In allen anderen Monaten verhält sich das Klima genau gegengleich. Also: Oktober bis März ist Regenzeit in Johannesburg, während in Kapstadt die Sonne scheint. Eine Regenkombi und ein dicker Pullover gehören immer ins „Handgepäck“. Schon wegen der Höhenunterschiede und der großen Distanzen kann man an einem Tag Temperaturunterschiede von 10° C und mehr erleben.

VERANSTALTER / MOTORRÄDER
Sowohl in Johannesburg als auch in Kapstadt sind alle großen Auto- und Motorradvermietungen zu finden. Es empfiehlt sich, trotzdem ein bis zwei Tage für die Beschaffung der Maschine einzuplanen. Schließlich ist damit zu rechnen, dass nicht sofort das geeignete Bike zur Verfügung steht. Wer auf den bequemen Gepäck- und Reparatur-Service nicht verzichten mag, kann von zu Hause die Tour als Pauschalreise buchen bei: Edelweiss Bike Travel über Reisebüro Schmalz KG, Altenkirchen, Tel.: 0 26 81/ 59 04 oder www.edelweissbike.com (17 Tage inkl. HP ohne Flug ab 5630 Mark)

BENZIN
Da die beschriebene Tour nicht Offroad ist, gibt es keine Probleme, eine Tankstelle zu finden. Bargeld sollte allerdings unbedingt bereit gehalten werden.

KARTENMATERIAL
Unbedingt empfehlenswert ist der Road Atlas South Africa (ISBN 1-86809-433-2). Darin findet man Übersichts- sowie Detailkarten, Innenstadtpläne und Hinweise auf Sehenswürdigkeiten.

Text: Iris Hammelmann Fotos: Hans-Jörg Ottinger

 

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