MOTOPOLIS-Motorrad-Tour Teil I

 

Von Johannesburg nach Kapstadt

4000 Kilometer in zwei Wochen mit zwei Personen auf einem Motorrad

suedafrika04_010119„Obwohl noch 300 km vom nächsten Etappenziel entfernt, fahren wir den Weg nach Pilgrim´s Rest einfach noch einmal. Zu schön sind die Kurven, zu zauberhaft der Ausblick!“

Reisen ist Suchen. Nach Abenteuer, nach Begegnungen und ein bisschen auch immer nach sich selbst. Aber je mehr man unterwegs ist, desto schwieriger wird es, sich gefangen nehmen zu lassen, offen zu bleiben. Man staunt nicht mehr so leicht und muss sich etwas einfallen lassen, um noch überrascht zu werden, um einem Land das Besondere abzugewinnen. Deshalb haben wir uns ausgedacht, Südafrika mit dem Motorrad zu erkunden. Auf zwei Rädern geht es auf Entdeckungsreise…

Von Johannesburg nach Kapstadt. Das ist unsere Route. Unsere Freunde erklären uns durch die Bank für verrückt: 4000 Kilometer in zwei Wochen mit zwei Personen auf einem Motorrad zurücklegen – das klingt nicht nach Urlaub. Noch dazu auf einer BMW F 650. Wir ernten verständnisloses Kopfschütteln, sehen die Sache selbst natürlich ganz anders.

Am Flughafen von Johannesburg, der größten Stadt Südafrikas, nimmt uns Tourguide Harry, ein von Sommersprossen übersäter Weißer mit rötlichen Haaren, in Empfang. Allmählich findet sich auch der Rest der Truppe ein, mit dem wir die nächsten vierzehn Tage verbringen werden: Ein Kanadier mit Frau, zwei Zweirad-Händler aus dem Ruhrgebiet, ein Russe, ein Pärchen aus Erkrath, Vater und Sohn aus München, Frank aus den neuen Bundesländern und Gerhard, der als junger Mann zuletzt in Kapstadt war und die Metropole auf diese Art wiedersehen möchte.

Nachdem wir die Zimmer bezogen und einen ersten Blick auf die Motorräder geworfen haben, bekommen wir Zeit, uns etwas auszuruhen und das Kartenmaterial noch einmal durchzugehen. Einige Stunden später lernen wir beim Abendessen unsere Gruppe näher kennen.

Am nächsten Morgen ist es endlich so weit. Alle erscheinen erstmals in Schutzbekleidung. Damit fallen wir ordentlich auf. Trotzdem sind anständige Lederkombis natürlich Pflicht, selbst wenn es noch so heiß werden sollte. Sicherheit geht vor! Im Restaurant sitzen wir bei unserem ersten Briefing zusammen. Die Tourguides Harry und Garry besprechen mit uns den heutigen Streckenverlauf. Wir verfolgen ihn auf unseren Landkarten und machen uns Notizen. Als Sozia bin ich ganz besonders gefordert, aufmerksam alle Hinweise zu notieren. Das ist schließlich mein Job. Dann geht´s zum Probesitzen auf die BMW F 650. Fühlt sich gut an. Ein sperriges Koffersystem ist nicht notwendig. Nur winzige Köfferchen hängen an der Maschine, in denen wir Wasser, Fotoapparat und Regenzeug verstauen können. Das restliche Gepäck wird mit dem Begleitfahrzeug transportiert, das auch eine Ersatzmaschine für Ausfälle mit sich führt. Ein echter Luxu s!

Wir starten in Kolonne, damit wir uns an den Links-Verkehr gewöhnen können. Von Benoni verlassen wir auf der N12 die Stadt. Die Straßen sind in gutem Zustand, nur muss man auf Schnellstraßen und sogar auf Autobahnen stets mit Fußgängern und Radfahrern rechnen. Ich freue mich schon jetzt über die Entscheidung, einen Jet-Helm zu tragen. Er bietet Schutz, gibt mir aber das Gefühl näher an der Natur zu sein. Ich spüre den Wind, nehme den Brandgeruch wahr, der zu Johannesburg zu gehören scheint und sauge den Duft der Kräuter ein, die hier in großer Zahl am Straßenrand gedeihen. Von der N12 fahren wir auf die N4. Hinter Middelburg wird die Landschaft schön. Die Stadt liegt hinter uns, erste Berge kündigen sich an. Beim Tankstopp bei „Milly´s“ spricht uns ein deutscher Urlauber an. Er beneidet uns darum, nicht im Reisebus sitzen zu müssen. Wie wahr!

Kurz vor Waterval-Boven fahren wir durch einen Tunnel. Direkt dahinter links abbiegen auf einen Parkplatz. Wir kommen erstmals ins Schwitzen. Es ist, als hätte jemand die Hitze hinter dem Berg, durch den sich der Tunnel frißt, einfach angeknipst. Es wird nicht der einzige krasse Klimawechsel bleiben, den man in einem Bus mit Aircondition gar nicht spüren würde. Ein paar Schritte zu Fuß tun gut. Wir tappen in absoluter Dunkelheit durch einen stillgelegten Eisenbahntunnel. Dahinter wartet ein atemberaubender Blick auf einen Wasserfall und schroffe rote Felsen.

suedafrika02_010119„Wo auch immer wir mit den elf BMWs auftauchen, sind wir umringt von Menschen, vor allem von Kindern. Die dürfen auch mal Probesitzen.“

Der zweite Tag bietet Fahrspaß. Vorbei an der größten Papierfabrik und an Ortschaften, deren Namen Berlin, Hermansburg und Kaapsehoop unerwartet vertraut klingen, schrauben wir uns die Berge hinauf. Schilder warnen vor Wildpferden, die unvermittelt auf die Straße laufen könnten. Es gibt nur wenige Schlaglöcher, denen es auszuweichen gilt. Der Blick wandert über Hügel, die weich aussehen wie Kamelhöcker. Auf dem Weg nach Lydenburg sehen wir uns am Long-Tom-Pass einen Nachbau der legendären Long-Tom-Kanone an. Von Lydenburg geht es wieder rauf in die Berge nach Pilgrim´s Rest, einer kleinen wirklich sehenswerten Museumsstadt aus Goldgräberzeiten. Die Strecke bietet so viel Fahrspaß, dass wir – nach dem Verzehr der größten Hamburger der Gegend – einen Teil der Serpentinen noch einmal entlang brausen. Vorbei am „God´s Window“ mit seinem unvergesslichen Ausblick und dem „Blyde River Canyon „, wo gerade ein Film gedreht wird, erreichen wir den Abel-Erasmus-Paß. Wie haben wir uns darauf gefreut, die Maschinen endlich wieder in Schräglage zu bringen. Doch der Himmel färbt sich schwarz, Blitze zucken, Tropfen fallen. Dazu unerträgliche Hitze. Wenn auch noch Lkws mit ihren heißen Abgasen vorüber fahren, ist es ein Gefühl, als würden die Härchen am Körper verbrennen. Obendrein fühlt sich jeder Regentropfen auf Wange, Nase und Kinn wie ein Nadelstich an.

Kurz hinter Hoedspruit haben wir fast unser Tagesziel erreicht. Fast! Wir machen einen Abstecher in den Krüger-Park. Die Zufahrt über den East Gate ist eine etwa zehn Kilometer lange Sandpiste, die es in sich hat. Eine echte Herausforderung für Fahrer und Motorräder. Die Maschinen schwimmen im weichen tiefen Sand. Zwei BMWs stürzen. Die anderen schlingern und halten sich nur mühsam aufrecht. Am Tor zum Park angekommen sind alle erleichtert, dass sie es geschafft haben. Das gut gekühlte Begrüßungsbier der Ranger haben wir uns wirklich verdient. Weiter geht es mit zwei Jeeps. Denn im Krüger-Park gilt Motorrad-Verbot.

Nach zwei Rasttagen in einer Lodge mitten in der Wildnis freuen wir uns, wieder zwei Räder unter uns zu spüren. Durch Bosbokrand und Hazyview kommen wir nach White River. Jede Menge Schlaglöcher und Menschen und Tiere auf den Straßen drosseln unser Tempo. Wir halten uns südlich und reisen kurz hinter Jeppe´s Reef nach Swasiland ein. Es ist unglaublich heiß. Die Formalitäten müssen in kleinen überfüllten Büros erledigt werden. Wir sind überrascht, dass die Dame am Schalter fast perfekt deutsch spricht. So ist alles schnell erledigt, und wir können weiter. Das kleine Königreich am Rande Südafrikas ist hübsch. Sanfte Hügel und gepflegte Rundhütten-Dörfer fallen auf. Wir fallen offenbar nicht weniger auf. Kinder am Straßenrand winken aufgeregt, Erwachsene recken den Daumen in die Luft. Unsere Motorräder und unsere Lederbekleidung sorgen für Aufsehen und Begeisterung. Auf der R570 kommen wir in die Hauptstadt Mbabane. „Reduce speed – royal residence“ verkündet ein Schild. Nach 530 Tageskilometern kommen wir total erschöpft in Nhlangano im Süden von Swasiland an und haben nur noch einen Gedanken: schlafen!

Die nächste Etappe führt uns über die R33 durch Piet Retief und Paulpietersburg nach Vryheid. Straßenschilder weisen nach Amsterdam, Utrecht und Glückstadt. Überdeutlich erwacht die Zeit der Holländer zu neuem Leben. Auf der R34 und der R66 in Richtung Indischer Ozean erwischt uns mal wieder Regen. Diesmal ist es so heftig, dass wir nach wenigen Minuten bis auf die Haut naß sind. Unsere Handschuhe können wir auswringen. Nicht nur der Fahrtwind sorgt dafür, dass wir in kürzester Zeit durchgefroren sind. Tatsächlich sinken die Temperaturen drastisch. An einem Coffee-Shop bestellen wir zitternd Kaffee. Er wird in Styroporbechern serviert, so dass wir uns nicht einmal die Hände daran wärmen können. Klappernd pusten wir auf die heiße dampfende Flüssigkeit. Ich komme mir vor wie am Glühwein-Stand auf dem Weihnachtsmarkt. Ein Einheimischer spricht uns an. Er fragt, ob wir reich seien und was wir in D eutschland machen. Wir erzählen ein wenig und sagen ihm, dass wir begeistert sind von den Menschen in Südafrika, die uns alle so nett begegnen. Seine schwarzen Augen strahlen. Er bedankt sich, verabschiedet sich mit Handschlag von uns.

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